Francis van Bossuit

Brüssel 1635 – 1692 Amsterdam, zugeschrieben
Zwei Elfenbeinreliefs, jeweils c. 16 x 19,5 cm

Bathseba im Bade
Loth und seine Töchter

Beide Elfenbeinreliefs stellen alttestamentarische Themen dar, in denen es um die Dialektik von Liebe und Tod geht.

Ein Relief verweist auf die Geschichte von König David, der die schöne Bathseba begehrt. Um sie besitzen zu können, schickt David Urija, Bathsebas Mann, in den Krieg und somit in den sicheren Tod. Van Bossuit zeigt die Schöne entkleidet im Bad, den Brief Davids aus den Händen der Kupplerin entgegennehmend. Die inhaltliche Qualität dieser Darstellung liegt in van Bossuits Interpretation der Rolle Bathsebas in dieser doch höchst ungerechten Handlung: Ihre unschuldige Zurückhaltung rechtfertigt den voyeuristischen Betrachter, der sich an der sinnlichen Nacktheit erfreuen kann.

Das zweite Relief zeigt Lot mit seinen beiden Töchtern. Nach dem Untergang der Städte Sodom und Gomorrha waren die drei in die Berge geflohen. Da die Töchter befürchteten, kinderlos zu bleiben, gaben sie dem Vater Wein zu trinken und berauschten ihn, damit dieser sie nicht mehr erkenne. Dann verführten sie ihn abwechselnd in den darauf folgenden zwei Nächten. Der Plan glückte: Beide Mädchen wurden schwanger. Bossuit zeigt meisterlich die Verführungsszene, in der eine Tochter dem Vater einen Krug mit Wein reicht, während ihn die andere, bereits entkleidet, auf ihr Lager zieht.

Francis van Bossuit stammt aus Brüssel und gilt als einer der herausragenden Elfenbeinkünstler der Niederlande im 17. Jahrhundert. Er erhielt seine Ausbildung als Elfenbeinschnitzer und Tonbossierer etwa zwischen 1645 und 1650 in seiner Geburtsstadt und danach in Antwerpen. Für seine Stilentwicklung war ein mehrjähriger Italienaufenthalt prägend, wo er in Rom Mitglied der niederländischen Künstlergilde wurde. In der ewigen Stadt lernte er auch Balthasar Permoser (1651-1732) kennen, mit dem ein vermutlich recht enger künstlerischer Kontakt bestand. Van Bossuit lernte nicht nur die Werke der Antike kennen, sondern beschäftigte sich auch mit den Arbeiten von François Duquesnoy, Gian Lorenzo Bernini, Allessandro Algardi und anderen. Kurz vor 1685 kehrte er in seine Heimat zurück und war bis zu seinem Tode in Amsterdam tätig.

1727

FRANCIS VON BOSSUIT, DIE ERSTE KÜNSTLERMONOGRAPHIE DER KUNSTGESCHICHTE

Francis van Bossuit, der 1692 in Amsterdam stirbt, wird bereits 1727 vor Raphael, Michelangelo oder Bernini durch eine Künstlermonographie geehrt, sein Werk dadurch weitgehend gesichert. Auf Grundlage der Zeichnungen vieler Werke van Bossuits durch Barend Graat (1628-1700) hatte dessen Schwiegersohn Mattijs Pool (1676-1740) Kupferstiche angefertigt und diese unter dem Titel „Cabinet de l´Art de Sculpture par le Fameux Sculpteur Francis van Bossuit“ veröffentlicht. Die neuartige Publikation war sehr erfolgreich, da das Werk van Bossuits im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert in den Niederlanden hochgeschätzt war.

Matthijs Pool – http://hdl.handle.net/10934/RM0001.COLLECT.227549, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=84286738

17. Jahrhundert

KAISER PHILIPP IV., DER "KÖNIG DER WELT"

Als Francis van Bossuit 1635 in Brüssel geboren wird, regiert Philipp IV., genannt „Der Große“ oder „König der Welt“ über die Burgundischen Niederlande. Er gilt als der letzte spanische Herrscher, der eine Großmachtpolitik ausübt. Philipp IV. dilettiert als Maler und Dichter, ist Förderer der Künste und ernennt Diego Velazquez als Hofmaler. Dieser hat den Monarchen oft portraitiert.

Diego Rodríguez de Silva y Velázquez – [1], Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4727313

Das Weisse Gold

DAS WEISSE GOLD

Die geringen Vorkommen und die gefährlichen, langen Transportwege machen Elfenbein zu einem äußerst kostbaren Material; es besitzt eine ähnliche Wertschätzung wie Gold. Elfenbein ist bis ins späte 18. Jahrhundert ein Werkstoff für sakrale und profane Kunstobjekte höchster Qualität. Erst durch die Kolonialisierung des afrikanischen und des indischen Kontinents sowie die Vereinfachung der Jagd ändert sich dieser Zustand. Ende des 19. Jahrhunderts gelangen jährlich über 800 Tonnen Elfenbein nach Europa, das Material wird inflationär eingesetzt und der Elefant zu einem in seiner Existenz bedrohten Tier.

Abbildung gemeinfrei

Detailliertes Dossier anfordern